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5 Punkte für eine bessere Beziehung zu deinem Pferd 

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Wir alle wünschen uns eine gute und harmonische Beziehung zu unserem Pferd. In diesem Artikel möchte ich etwas tiefer in meine Philosophie also in meine Betrachtung der Pferde einsteigen. Das ist nämlich die Basis in meiner Arbeit.

Ich habe versucht das Ganze in 5 Punkten zusammenzufassen und möchte dir auch ein paar Tipps und Anregungen für die Praxis mitgeben.

1. Pferde haben immer einen Grund für ihr Verhalten! 

Das ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte für die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Pferd. Sätze wie ,,der will dich nur ärgern‘‘ oder ,,zeig dem jetzt mal wo’s langgeht und mach ihm klar wer der Chef ist‘‘ gibt es bei mir nicht. Pferde sind Fluchttiere und Energiesparer. Sie versuchen immer so wenig Energie wie möglich ,,sinnlos‘‘ zu verbrauchen, da sie ja nie wissen können, wann die nächste Flucht bevor steht. Das ist genetisch bedingt und auch bei unseren Hauspferden meist noch sehr stark ausgeprägt. 

Deshalb hat jedes Verhalten, das ein Pferd zeigt immer einen Grund. Kein Pferd bockt und steigt, weil es seinen Reiter ärgern möchte oder aus Spaß. Für das Pferd gibt es verschiedene Gründe, ein Verhalten zu zeigen, ein Pferd kommuniziert über sein Verhalten mit uns, um uns etwas mitzuteilen. 

Es ist sehr wichtig, nach diesen Gründen zu suchen und sich immer wieder zu fragen: Was möchte mein Pferd mir damit sagen? Gründe für Bocken könnten zum Beispiel sein: Das Pferd hat Rückenschmerzen, weil es verspannt ist und/oder der Sattel nicht passt. Es könnte auch versuchen, sich aus der Aufgabe zu entziehen, weil es die Übung nicht verstanden hat. Vielleicht hat es auch Angst, weil es allein ohne die Herde in der Halle laufen soll und seinem Reiter nicht vertraut? Es gibt viele Gründe für ein Pferd und es ist unsere Aufgabe diese individuellen Gründe zu entdecken und die Situation zu verbessern. 

Grundsätzlich müssen immer die Grundbedürfnisse des Pferdes gedeckt sein. Als Herdentier braucht es Artgenossen und Sozialkontakte. Als Lauf- und Bewegungstier braucht es genügend Auslauf. Das Verdauungssystem des Pferdes ist auf ständige Nahrungsaufnahme ausgelegt. Auch dies ist ein Grundbedürfnis, das wir versuchen sollten zu decken, um unser Pferd zufrieden aber vor allem auch gesund zu erhalten. 

Ein weiteres sehr wichtiges Grundbedürfnis des Pferdes ist das Bedürfnis nach Sicherheit. Als Herden- und Fluchttiere dreht sich ihr ganzes Leben darum. Wenn wir also mit unserem Pferd arbeiten, müssen wir dafür sorgen, dass es sich bei uns sicher fühlt. Sonst kann es sich nicht konzentrieren und nicht lernen.

Nur wenn diese genannten Grundbedürfnisse erfüllt sind kann das Pferd leistungsfähig sein. Dazu kommt natürlich neben der Haltung und Fütterung auch die passende Ausrüstung und die richtige Trainingsmethode, die das Pferd weder über- noch unterfordern soll. 

Zusammenfassend zum ersten Punkt: Pferde sind nicht auf Streit aus. Sie sind Energiesparer und haben immer einen Grund für ein Verhalten. Das Verhalten eines Pferdes ist seine Kommunikation, die wir als Mensch individuell entschlüsseln müssen. Wenn dein Pferd das nächste Mal ein Verhalten zeigt, das du nicht möchtest oder das dich stört, frage dich: Warum macht mein Pferd das? Pferde wollen harmonisch mit uns leben und arbeiten, sie haben es verdient, dass wir uns Gedanken machen und mögliche Gründe für ein unerwünschtes Verhalten finden und ändern.

2. Kommunikation ist ein Wechselspiel zwischen Sender und Empfänger! 

In Punkt 1 habe ich berichtet, wie das Pferd mit uns über sein Verhalten kommuniziert. Das Pferd wäre hier der Sender und wir sind der Empfänger, der die Nachricht entschlüsseln muss. Wir kommunizieren mit dem Pferd über unsere Hilfen. In diesem Fall sind wir der Sender und das Pferd ist der Empfänger und muss unsere Hilfen entschlüsseln. Hilfen sind zum Beispiel Stimmkommandos, Körpersprache, beim Reiten dann die Gewichts-, Schenkel und Zügelhilfen. 

Sehr wichtig ist hierbei, dass Kommunikation immer ein Wechselspiel ist. Das bedeutet ich gebe als Reiter eine Hilfe. Nehmen wir als Beispiel das Anhalten: Ich reite auf meinem Pferd und möchte es anhalten. Dazu atme ich aus, mache mich schwer. Das ist meine Gewichtshilfe. Das Pferd könnte jetzt schon auf meine Hilfe antworten, indem es das entsprechende Verhalten zeigt. Ich gebe also eine Hilfe und warte auf die Antwort des Pferdes. Wenn man eine Frage stellt muss man dem Gegenüber auch die Chance geben zu antworten, sonst wird das ganze Spiel sehr einseitig. Antwortet das Pferd nicht oder falsch dann gebe ich ihm eine weitere Hilfe, zum Beispiel eine Stimmhilfe oder auch eine Zügelhilfe zum Anhalten. Dann warte ich wieder auf die Antwort des Pferdes. Sobald es richtig antwortet setze ich meine Hilfe aus und belohne es dadurch. 

Das Pferd erhält für ein richtiges Verhalten, also auch wieder eine Rückantwort von mir. So entsteht Kommunikation. Kommunikation ist immer ein Spiel aus Frage und Antwort und wir müssen unserem Kommunikationspartner die Chance geben zu antworten. 

Ganz oft überschütten wir das Pferd mit Signalen und Fragen und wundern uns, dass es gar nicht oder falsch antwortet. Achte das nächste Mal, wenn du mit deinem Pferd arbeitest ganz genau darauf: Welche Frage stelle ich? Welche Antwort erwarte ich? Und warum hat das Pferd so oder so geantwortet?

3. Menschen sind keine Pferde und Pferde sind keine Menschen!

Auch in diesem Punkt geht es ein bisschen um Kommunikation. Ganz oft hört man ja, man solle das Leittier für das Pferd sein und sich möglichst pferdig verhalten, sodass das Pferd den Menschen verstehen kann. Ich sehe das etwas anders. Wir Menschen können keine Pferde sein. Wir haben keine beweglichen Ohren, wir haben keinen Schweif, wir können nicht so schnell rennen und noch vieles mehr. Die Pferde sehen das natürlich auch, sie können einen Menschen sehr wohl von einem Artgenossen unterscheiden. 

Wenn wir versuchen wie ein Pferd zu handeln sind wir nicht authentisch und nicht echt. Authentizität ist meiner Meinung nach aber eine unglaublich wichtige Zutat im Umgang mit Pferden. Nur wenn wir authentisch sind, sind wir auch echt und vertrauenswürdig. Außerdem möchte ich eigentlich auch gar nicht, dass das Pferd denkt ich sei ein Artgenosse. Ich möchte, dass es mich als Mensch sieht und auch so mit mir umgeht. Es soll einen höflichen Abstand halten und sich nicht mit mir um Futter streiten oder mich wild zum Spiel auffordern. Andersherum können wir aber vom Pferd auch nicht verlangen, dass es sich menschlich verhält und unsere Sprache lernt. 

Meiner Meinung nach ist es wichtiger, die Sprache der Pferde zu lernen, um sie zu verstehen und ihnen dann ganz authentisch unsere Sprache zu erklären. Dann kann echte Kommunikation und Beziehung entstehen. 

Menschen sind also Menschen und Pferde sind Pferde. Gemeinsam müssen wir eine neue Kommunikation zwischen Mensch und Pferd erarbeiten. 

4. Stress und Angst zerstören die Beziehung!

In Punkt 1 habe ich ja erwähnt, dass Sicherheit ein Grundbedürfnis des Pferdes ist. Sicher fühlt sich ein Pferd in seiner gewohnten Umgebung und mit Artgenossen. Wenn wir also mit unseren Pferden arbeiten, müssen wir dafür sorgen, dass sie sich auch bei uns sicher fühlen. 

Dazu ist es wichtig, dass wir unser Pferd nicht überfordern. Stress und Angst führt zu Unsicherheit. Wir sollten alle Aufgaben also immer möglichst in kleine Schritte aufteilen und unser Pferd langsam an neue Übungen heranführen. Sicherheit gibt auch eine gute Beziehung. 

Wenn sich das Pferd auf seinen Menschen verlassen kann fühlt es sich wohl und sicher. Dafür ist es wichtig, dass wir immer authentisch sind und konsequent. Mit konsequent meine ich nicht grob und dominant, sondern dass wir uns immer gleich verhalten sollten. Du solltest dir Regeln überlegen, die für dein Pferd gelten und diese sollten dann auch immer gültig sein. Ich möchte zum Beispiel, dass mein Pferd beim Spazieren gehen nicht ständig am Wegesrand frisst. Diese Regel gilt immer! Nicht ein Tag darf es fressen und am nächsten Tag wird es dafür bestraft. Das verunsichert ein Pferd. Es braucht klare Regeln und Grenzen, auf die es sich verlassen kann. 

Dabei ist es auch wichtig, dass ich als Mensch weder Angst noch Stress zeige. Pferde sind sehr sensibel und spüren das sofort. Sie spiegeln uns und haben dann entsprechend auch Angst und Stress. Wenn ich merke, dass ich einen stressigen Tag hatte und nicht so wirklich abschalten kann, dann arbeite ich mit meinem Pferd an diesem Tag nichts oder nur sehr wenig. Ich gehe dann in den Stall und pflege es, versorge es und eventuell machen wir einen kleinen Spaziergang. Aber ich verlange auf keinen Fall neue oder schwierige Übungen. Mein Stress würde sich sofort auf das Pferd übertragen und wir würden beide unzufrieden die Arbeit beenden. 

Versuche also immer das Grundbedürfnis deines Pferdes nach Sicherheit im Hinterkopf zu behalten und arbeite immer stress- und angstfrei mit deinem Pferd. Auch wenn dies manchmal bedeutet nur kleine Schritte zu gehen. Es lohnt sich und ist ein riesiger Gewinn für die Beziehung zwischen dir und deinem Pferd.

5. Dankbarkeit!

Dankbar zu sein ist ein sehr wichtiger Punkt für mich. Nicht nur im Umgang mit den Pferden auch in allen anderen Lebensbereichen frage ich mich immer wieder: Wofür bin ich dankbar? Wenn auch du dir diese Frage stellst wirst du sehen, dass es unglaublich viele Dinge gibt, für die du dankbar sein kannst, auch wenn mal etwas nicht geklappt hat oder ein Tag nicht gut lief. 

Besonders dankbar bin ich immer wieder meinem Pferd gegenüber. Ich bin davon überzeugt, dass Pferde diese Stimmung sehr gut fühlen können. Pferde geben so viel für uns! 

Wir sperren sie in Ställe und holen sie raus, wenn wir gerade Lust darauf haben. Wir bestimmen, wann sie auf die Koppel dürfen und mit welchen Artgenossen sie zusammen sein sollen. Wir bestimmen was sie essen und wann sie essen. Wir sagen ihnen, wie sie zu laufen haben und was sie für uns und mit uns tun sollen. Wir laden sie in kleine dunkle Pferdehänger und fahren sie kilometerweit in neue Umgebungen. Sie sind für uns da, wenn wir traurig sind. Sie verhelfen uns zum Erfolg auf Turnieren. Sie tragen uns und lassen uns im Galopp über die Wiesen fliegen. Sie stellen uns ihre ganze Kraft und ihre wunderbare Seele zur Verfügung. 

All das und noch vieles mehr machen die Pferde für uns! Und dafür sollten wir ihnen jeden Tag dankbar sein. Natürlich kann man den Pferdealltag möglichst artgerecht und fair gestalten aber trotzdem bestimmen wir als Mensch über das Leben unseres Pferdes. Darüber sollten wir uns bewusst sein und unseren Partner Pferd schätzen.

Wann hast du das letzte Mal zu deinem Pferd ,,Danke‘‘ gesagt?

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